eine Idee, eine Zeitreise und noch eine Idee

Donnerstag, 14. August 2014

Es gibt ja Ideen, die man einfach nicht mehr los wird. Die sich im Kopf festsetzen, dort herumwandern, sich mit diesem und jenem ergänzen und langsam, langsam wachsen. Und die schließlich verwirklicht werden wollen, unbedingt. - Um so eine Idee geht es heute ...
Die Auslöser: zwei Blogbeiträge mit völlig unterschiedlichen Themen - ein Garten in der Nachkriegszeit und kreatives Gestalten von Stadtplänen haben ja erstmal gar nix miteinander zu tun. Aber bei mir wurden dadurch genau die richtigen Knöppe gedrückt und eine Idee ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Die Gartengeschichte und der Kreativinput mischten sich mit eigenen Erinnerungen an früher und ließen lebendige Bilder in meinem Kopf entstehen, zu denen ich in Gedanken fast die Geräusche hören konnte. Und irgendwann (ähm, gestern ...) hab ich dann einfach mal drauflosgekritzelt.

Macht´s euch gemütlich - ich nehme euch mit auf eine kleine Zeitreise und zeige euch die Radwege meiner Kindheit ... 


Ich bin in Ankum aufgewachsen. 
Das Dorf liegt nördlich von Osnabrück 
und obwohl es damals noch recht überschaubar war, 
gab es schon in meiner Kindheit zwei "Ortsteile":
Unterdorf und Oberdorf.
Meine Heimat ist das Unterdorf.
Seht ihr das Haus mit dem Herzchen drauf?
Das war mein Zuhause.


Dort, wo die Beeke entlangfließt,
wo schräg über die Straße der Schneider am Fenster sitzt und näht,
wo´s nur ein paar Schritte zum Tante-Emma-Laden mit den leckeren Bonbons sind,
wo der Doktor an der Ecke unsere Wehwehchen versorgt 
und gegenüber der Friseurspiegel neben der Eingangstür hängt - 
dort bin ich mit den Nachbarskindern um die Wette geradelt.


Das Unterdorf war unser "Revier",
unser Mikrokosmos, in dem es alles gab, was wir als Kinder brauchten.
Hinter der Blumenwiese, neben der riesige Kastanienbäume stehen,
 versteckt hinter Mirabellenbaum und Hühnerhof,
steht eine kleine Hütte - unser "Häuschen".
Dort kochen wir Sägespansuppe mit Erlenknubbeln aus dem Wäldchen
 und Wasser aus der Beeke - 
nichts ist köstlicher als unser Mahl. Ehrlich.

Die Beeke ist alles für uns:
Papierschiffchen schwimmen lassen,
gummibestiefelt bis zur Fahrradwerkstatt an der nächsten Brücke stapfen,
an schmalen Stellen rüberspringen zur Gänsewiese,
leise die Forellen beobachten oder uns laut krakelend gegenseitig nassspritzen ...
Langweilig?- Gibt´s nicht.


Hört ihr die Glocke?
Der Milchmann kommt mit seinem Pferdewagen über´s Pflaster geholpert.
Seht ihr den Pflaumenbaum, dessen Zweige so verlockend über die Hecke hängen?
Wenn wir schnell genug sind, können wir ein paar pflücken, 
bevor der Mann mit dem Handstock kommt.


Das Oberdorf. 
Eine andere Welt, aber nicht weniger spannend.
Alte Mauern, Heckenwege und Geheimgänge
und mittendrin das weltleckerste Eis und eine Pommesbude - 
was will Kind mehr?

Und guckt mal an der Schule:
da gibt´s den Vogelberg - im Winter der Treffpunkt zum Schlittenfahren.
Genauso schön, wie unter den Bögen der Kirchburg wieder ins Unterdorf zu radeln ...


oder neben der Schule in Seifenkisten den Abhang hinunter zu sausen.
An der Molkerei vorbei, dann durch die Heckenwege,
links den Fußweg hinunter und dann rechts ab - 
dort geht´s zu den Erdbeerfeldern ...

Hach, ich könnte jetzt noch tausend Geschichten erzählen.
Von früher.
Von Radtouren am 1. Mai.
Von Karussells auf dem Feuerwehrplatz
und Kirmesmarkt im ganzen Dorf.
Von Zauberbäumchen auf dem Weg zum Kindergarten
und einem Sturz in die Beeke - mit Fahrrad!
Von kleinen und großen Erlebnissen in meinem Dorf.

Später.
Zuerst mache ich mich auf den Weg:
mit meinen Kindern werde ich meine alten Radwege entlangradeln,
ihnen zeigen und erzählen, wie das so war.
Früher.

Morgen geht´s los.
Und meine Kritzel-Karte nehme ich natürlich mit.
Außerdem - im Korbüberzug aus Regenjacke und Buchfolie - auch noch diese hier:


Mal gucken, ob ich mich von unterwegs mal melde ...



Bis bald!
diefahrradfrau
Geteilt mit Scharly´s Kopfkino und RUMS.

16 Kommentare:

  1. Viel Spass beim in Erinnerungen schwelgen! Hab eine schöne Zeit.
    LG Sabine

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  2. Ich liebe solche Erinnerungen. Ich habe glatt überlegt ob ich auch so eine Karte malen könnte. Aber bei mir würden nur große Häuser stehen und kerzengerade Straßen eingezeichnet. Ich bin in Berlin gros geworden. Und da ich ständig an den alten Plätzen vorbei komme, hat sich meine Erinnerung mit der Gegenwart vermischt.
    Ich wünsche euch viel Spass,
    Liebe Grüße Andrea

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  3. Schöne Erinnerungen!!!!! Das waren noch Zeiten... so ähnlich ist es wohl bei vielen früher gewesen!!!!
    Viele Grüße von Margit
    P.S. Habe mich gestern sehr geägert! Hatte im Radkorb ein Schloss mit Schlüssel, weil ich damit immer das Rad meines Kleinen anschließe! War kaum 10 Min. im Supermarkt und das Schloss war weg!

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  4. Ich freue mich auf die Tour! Und danke fürs erzählen deiner Erinnerungen......
    Herzlichst
    yase

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  5. Das klingt nach einer so schönen entspannten Kindheit, war richtig fein, Deinen Erzählungen zu lauschen :-)
    Liebe Grüße,
    Kebo

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  6. Vielen Dank für diese Zeitreise! Solche Geschichten lassen mich glücklich aufhorchen und auch sentimental werden manchmal... Liebe Grüße, M.

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  7. Was für eine schöne Idee.
    Ich liebe deinen selbstgemalten Stadtplan.

    Greetings & Love
    Ines

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  8. fantastisch! die eigene kindheitskarte und die radelwege nun mit deinen kindern nachzufahren!
    habt es fein!!!
    alles liebe
    dania

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  9. Toll! Du hast deine Kindheitserinnerungen so wunderschön festgehalten! Und deine Erinnerungen werden nun auch zu Erinnerungen deiner Kinder ... einfach schön!
    LG Mary

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  10. Hach, das hat richtig Spaß gemacht, mit Dir im Kindheitsdorf!!

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  11. Deine Karte ist ja ein Kunstwerk, Dein Kindheitskunstwerk. So viele Erinnerungen hängen daran. Mir sind meine schönsten auch gleich wieder eingefallen. Eine Karte wäre aber ähnlich langweilig wie die von Andrea aus Berlin, mein Quartier war eine Plattenbausiedlung mit dem malerischen Namen Knieper-West. Aber es gab einen Segelfliegerwiese, einen Maiglöckchenwald samt Tümpel mit Molchen und genug Ecken um etwas auszuhecken. Im Kopf war es erst gestern :) Liebe Grüße zu Dir, Bärbel

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  12. Total toller Beitrag und wunderschöne Bilder. Ich werde jetzt mal beim Kartenmal-post vorbeischauen. Viele Grüße, Angelika

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  13. Was eine wundervolle Idee!!! Alles, die Karte der Kindheit und das Wiederentdecken mit den eigenen Kindern. Ich radle noch immer durch deine kleine, große Welt und radle auch ein wenig durch meine, die meine der Kindheit war und weißt du was? Da läuten auch die Glocken und es gibt Eis und und und ...
    habt eine wundervolle Zeit ihr alle
    Elisabeth

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  14. Oh, voll schön! Das sieht ja kreativ aus :-)
    Für die kommenden Radel-Tage wünsch ich euch möglichst trockenes Wetter, gute Muskeln und lecker wat zu Essen!
    Liebste Grüße,
    von der Radel-neidischen
    Frauke ;-)

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  15. Was für eine wunderschöne Karte das geworden ist. :) Am schönsten ist, dass man bei jedem Blick was neues entdecken kann. Die Gänse (allerliebst!), dein herziges Heimathaus... und sogar ein Mädchen in einer Seifekiste. Da ist so viel los! :) Bin mal gespannt, ob deinen Kindern deine alten Radelwege auch so gut gefallen, wie dir früher.

    Liebe Grüße
    Jenni

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  16. ein wunderbarer beitrag, liebe christiane! deine zauberhafte kindheitskarte hat mich an mein dorf erinnert. wir sind zwar selten fahrrad gefahren (viel zu bergig dort), hatten aber auch überall unsere (geheimen) winkel und ecken, an denen wir nach der schule mit den nachbarskindern unsere zeit verbrachten. deine radtour mit den kindern war bestimmt wunderbar!
    herzlichst, mano

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Vielen Dank für deinen Kommentar!